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Projekt Korpusanalyse

In diesem Teilprojekt wollen wir die Hypothese prüfen, dass implizit erworbene orthographische Fähigkeiten ein wesentliches Fundament der Schreibleistung guter Schreiber:innen ist. Konkret untersuchen wir die Vorhersage, dass die Schreibleistung guter Schreiber:innen im Vergleich zu der schwächerer Schreiber:innen stärker von diesen statistischen Eigenschaften abhängt – häufige Phänomene werden besonders oft richtig, sehr seltene Phänomene besonders oft falsch geschrieben.

Bei den schlechteren Schreiber:innen ist unsere Hypothese, dass die Schreibleistung weniger systematisch ist. Diese Vorhersagen sind nicht nur für das Litkey-Projekt wichtig, sondern auch für die Entwicklung von Rechtschreibtests: Sie fokussieren oft auf bestimmte orthographische Hürden, wie die Schreibung mit oder ohne h, die aber unter Umständen unter Einbeziehung aller Faktoren, far nicht mehr als Hürden hervorstechen, gerade, wenn sie sich gut aus dem Buchstabenkontext vorhersagen lassen. 
Um unsere Hypothese und Vorhersagen zu untersuchen, digitalisierten wir die Schreibungen von Grundschüler:innen in Geschichten, die sie vom 2. bis zum 4. Schuljahr zu Bildergeschichten geschrieben hatten. Die Texte waren in einem früheren Forschungsprojekt zur Sprachförderung gesammelt worden, in dem wir die generative Textproduktion als Methode der Sprachförderung im Regelunterricht evaluierten (Frieg et al., 2013; Frieg, 2014). Aus dieser Digitalisierungsarbeit ist das Litkey-Korpus hervorgegangen, in dem jedes Wort, das ein Kind geschrieben hat, in seiner ursprünglichen Schreibung (z. B. belen, läuft) und in der orthographisch korrekten Schreibung (bellen, läuft) steht. Außerdem ist für jedes Wort verzeichnet, ob es korrekt geschrieben war oder nicht, um welche Wortart es sich handelte, ob es besondere orthographische Merkmale hatte, wie häufig es in Büchern für Kinder im Grundschulalter vorkommt u.v.m. (s. Laarmann-Quante et al., 2019).
Ronja Laarmann-Quante untersuchte in ihrer Dissertation mittels maschineller Lernverfahren, welche Faktoren für das Entstehen eines Fehlers bei einem Kind mit eher guten oder schlechteren Schreibleistungen eine Rolle spielen. Sie konnte darin zeigen, dass Faktoren wie Worthäufigkeit und die Konsistenz, mit der bestimmte Laute in Buchstaben verschriftet werden, mindestens so wichtige Einflussfaktoren auf die korrekte Schreibung eines Wortes sind, wie einzelne orthographische Hürden. Das erklärt sie am besten selbst: Ronja gewann 2021 den KlarText-Preis der Klaus-Tschira Stiftung für einen Text, mit dem sie einer nicht-wissenschaftlichen Leserschaft erklärt, was sie in ihrer Dissertation untersucht und herausgefunden hat. Den Text und ein Video zur Presiträgerin und ihre Dissertation finden Sie hier.
In weiteren Untersuchungen sehen wir uns derzeit bestimmte orthographische Hürden an und untersuchen, welche Eigenschaften des Wortes und der Schreiber:in einen Einfluss darauf haben, wie gut sie gemeistert werden können. 

 

 

Laarmann-Quante, R., Ortmann, K., Ehlert, A., Masloch, S., Scholz, D., Belke, E., & Dipper, S. (2019). The Litkey Corpus: A richly annotated longitudinal corpus of German texts written by primary school children. Behavior Research Methods511889–1918. https://doi.org/10.3758/s13428-019-01261-x