
Erasmus an der NTNU in Trondheim (SoSe23)
Ein Studierender des Instituts berichtet über seinen Aufenthalt in Norwegen.
Vorbereitung
Im Vorfeld zu meinem Auslandssemester an der NTNU in Trondheim gab es einige organisatorische Dinge zu bewältigen, die mir Dank der ausführlichen Informationen auf den Uni-Websites keine großen Probleme bereiteten. Nachdem ich den Antrag auf das ERASMUS Stipendium gestellt habe und bei der NTNU nominiert wurde, konnte ich mich im September bei der Uni bewerben. Die Zusage erhielt ich im November. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir das Kursprogramm bereits angeschaut und konnte mir das Online Learning Agreement schnell unterschreiben lassen.
Parallel zur Anmeldung an der NTNU habe ich einen Antrag auf Auslands-BAföG beim Studentenwerk Schleswig-Holstein in Kiel gestellt und mich um eine Auslands-Krankenversicherung gekümmert.
Ein wenig achtsam musste ich im Hinblick auf meine Kurswahl im Wintersemester an der RUB sein, da sich die Semesterzeiten zwischen Deutschland und Norwegen ab Januar überschneiden. Ich habe im Vorfeld mit den entsprechenden Professoren gesprochen, sodass persönliche Absprachen für die Anrechnung der Studienleistungen getroffen werden konnten. An einer Online-Klausur habe ich dann aus Norwegen teilgenommen.
Unterkunft
In der Bewerbung an der Gasthochschule konnte ich mich auch gleich für einen Wohnheimplatz bewerben. So erhielt ich kurz nach meiner Zusage ein Angebot von der Organisation Campus Living im Studentendorf Voll. Viele Austauschstudenten wurden vom Studentenwerk SIT im Studentendorf Moholt untergebracht. Je nach Organisation können sich die Mietverträge und auch die Mietdauer unterscheiden. Ich empfehle daher, sich die Optionen vorher anzuschauen und vielleicht selbst ein paar Anfragen zu stellen. Dafür und auch für den privaten Wohnungsmarkt eignet sich besonders die Website hybel.no.
Ich entschied mich dazu, ein paar Tage früher anzureisen und die ersten 2 Nächte in einem günstigen Hotelzimmer zu bleiben, sodass ich meine Unterbringung in Ruhe besichtigen und einrichten konnte. Da diese zu Mietbeginn leider noch nicht einzugsbereit war, zahlte sich die Planung aus. Außerdem hatte ich so genug Zeit, das Notwendigste (Kissen, Matratzentopper, ggf. Oberbett) zu kaufen, das in der Zimmerausstattung nicht mit inbegriffen war.
Meine Unterkunft umfasste ein 12m2 großes Zimmer incl. privatem Badezimmer in einer 7er-WG, ausgestattet mit einem Bett, Schrank, Schreibtisch und Stuhl. Den Wohnbereich und die Küche teilte ich mir mit 5 anderen ERASMUS-Austauschstudenten aus den Niederlanden, Frankreich, Italien und Deutschland und einer Doktorandin aus Indien. Neben einem großen Sofa und Esstisch war die Küche vollständig ausgestattet mit Geschirr, Besteck und anderen Küchenutensilien. Absprachen für gemeinsame Anschaffungen wie Spülmaschinentabs oder Küchenpapier sowie ein Putzplan und wöchentliche Kontrollen der Gemeinschaftsbereiche erleichterten das Zusammenleben.

Durch die nahegelegene Haltestelle ist man vom Studentendorf gut an das Stadtzentrum und auch die Campus angebunden. Campus Dragvoll (Geisteswissenschaften) ist 20 Gehminuten oder 5 Minuten mit dem Bus entfernt. Den Hauptcampus Gløshaugen erreicht man in 10 Minuten mit dem Bus. Auch in der Innenstadt ist man innerhalb von 15 Minuten. Zu JYSK oder IKEA braucht man max. 30 Minuten mit dem Bus.
Direkt vor dem Studentendorf liegen mehrere Lebensmittelläden. Für den Wocheneinkauf eignet sich besonders die Discounterkette Extra vom Unternehmen Coop (vergleichbar mit Lidl oder Netto). Um Angebote anderer Läden im Auge zu behalten, empfehle ich außerdem die App tilbud.
Das größte Studentendorf Moholt ist 10 Gehminuten entfernt. Dort gibt es schöne Gemeinschaftsbereiche, die von vielen Studenten zum Lernen oder Spielen genutzt werden.
Studium an der Gasthochschule
Vor Vorlesungsbeginn veranstaltete die Uni eine Orientierungswoche für alle Austauschstudenten. Neben ein paar Infoveranstaltungen zu den organisatorischen Inhalten rund ums Studium und Norwegen gab es auch einige Angebote wie Wanderungen, Stadtrallyes oder einen Filmabend, um sich untereinander zu vernetzen. Die hohe Anzahl deutschsprachiger ERASMUS-Studenten hat mich am Anfang etwas überrascht, zumal viele Unis mehrfach vertreten waren und intern schon ein Austausch unter den Studenten stattfand. Trotzdem war die Orientierungswoche eine tolle Gelegenheit, Studenten aus der ganzen Welt kennenzulernen.
Während des Semesters veranstaltete die Fakultät für Geisteswissenschaften außerdem wöchentlich kleine Treffen für Austauschstudenten, bei denen gemeinsam gespielt, gebowlt, gegrillt oder gemalt wurde und man sich mit norwegischen Studenten austauschen konnte.
Die NTNU bietet ein großes Angebot englischsprachiger Kurse und bei Fragen zu der Prüfungsleistung oder Vorkenntnissen reagierten die Professoren im Vorfeld sehr schnell und freundlich. Da die Kurswahl im Bereich der Computerlinguistik sehr beschränkt war, entschied ich mich, Kurse zu wählen, die ich mir an der RUB im Optionalbereich anrechnen lassen konnte. Ich belegte einen Sprachkurs, zwei Landeskundekurse und einen Kurs in theoretischer Linguistik. Besonders im Linguistikkurs gefiel mir die entspannte Atmosphäre und der respektvolle und formlose Umgang zwischen Studenten und Professoren. Bei Fragen zu den Kursinhalten oder organisatorischen Unklarheiten waren die Kursleiter sehr bemüht, mir zu helfen.
In den Kursen Linguistic Theory and Comparative Grammar und Comparative Perspectives on Education, Citizenship and Democracy in Norway schrieb ich am Ende des Semesters eine Hausarbeit. Im ersten Kurs erfolgte die Themenwahl und auch die inhaltliche Aufbereitung in enger Absprache mit den Kursleitern. Für Norwegian for Foreigners und Introduction to Norway musste ich eine Klausur absolvieren. Beide Klausuren schrieb ich auf meinem eigenen Laptop mit einem vorher installierten Programm in einem gesonderten Gebäude für Prüfungen. Die größten Räume sind ausgestattet mit Arbeitsplätzen für ca. 300 Studenten gleichzeitig, sodass es vorkam, dass der Sitznachbar eine Klausur in einem ganz anderen Kurs schrieb. Die Kursleiter waren in meinem Fall nicht vor Ort, sondern bei Problemen über das Programm per E-Mail erreichbar.
Alltag und Freizeit
Trondheim ist eine großartige Stadt für aktive Studenten. Vor allem im Winter bieten die Gebiete Bymarka und Estenstadmarka viele Touren für Langlaufskier und Wanderer und im Winterpark Vassfjellet kann man Ski- und Snowboardfahren. Ich bin am liebsten Schlittschuh gefahren. Viele kleine Fußballplätze werden im Winter von der Kommune zu Eisflächen umfunktioniert, besonders schön zum Eislaufen ist aber Solsiden oder die Eiskunstlaufbahn kunstisbane Leangen. Eine Karte mit den verschiedenen Eisflächen und deren Qualität gibt es auf der Kommunenwebsite unter Skøytebaner i Trondheim kommune.
Für diese und viele andere Aktivitäten verleiht die Studentenorganisation NTNUI Bumerang kostenlos Equipment und Ausrüstungen, die Studenten online reservieren und vor Ort in Moholt abholen können. Außerdem vermietet NTNUI Koiene kleine Holzhütten in der Umgebung von Trondheim, die von vielen Austauschstudenten als Ziel eines Wochenendausflugs genutzt werden. Da es dort weder fließend Wasser noch Strom gibt und die Anreise vor allem im Winter mit Schneewanderungen verbunden ist, lohnt es sich auf jeden Fall, einen ausreichend großen Rucksack und warmen Schlafsack mitzubringen und Schneeschuhe zu leihen.
Der enge Austausch mit anderen ERASMUS-Studenten und das gemeinsame Interesse an Norwegen sorgten dafür, dass viele solcher Wochenendausflüge und auch längere Touren durch ganz Norwegen gemeinsam geplant und umgesetzt wurden. Ich mietete mir für 2 Wochen mit einer anderen Studentin ein Auto und erkundete Westnorwegen. Außerdem war ich nach der Prüfungsphase allein mit meinem Rucksack in Nordnorwegen unterwegs und habe die Zeit und vor allem die Natur sehr genossen.

Einen kleinen Einblick in die norwegische Kultur erhielt ich nicht nur durch die wöchentlichen Zimtschnecken in der Uni-Cafeteria, sondern vor allem im Austausch mit Einheimischen. Da viele von der Uni geplanten Angebote vor allem die Verknüpfung zwischen den Austauschstudenten förderten, entschied ich mich, mir selbstständig ein paar Aktivitäten außerhalb der Uni anzuschauen. In einem Boulderkurs einer Kletterhalle lernte ich eine Norwegerin kennen, die mir viel über das Leben in Norwegen erzählen konnte und zu der ich auch immer noch Kontakt habe.
Fazit
Die Zeit in Norwegen verbinde ich mit unzählbaren Erinnerungen und Momenten, die mich mein Leben lang prägen werden. Von einem sonnigen Wochenende in Bergen (der regenreichsten Stadt Norwegens) zu einem nebeligen Abend und klaren Morgen am Nordkapp denke ich auch gerne an die alltäglichen Routinen wie den Weg zur Uni, leckere Zimtschnecke, Lernphasen in der Bibliothek und Schatzsuchen durch die Secondhand-Läden zurück. Ich bin vor allem dankbar über die Erfahrungen, die ich in Trondheim und an der NTNU über das Studieren und Leben in Norwegen sammeln durfte und freue mich schon auf eine nächste Gelegenheit, das Land und die Leute wiederzusehen.
