
Erasmus an der NTNU in Trondheim (SoSe 2022)
Ein Studierender des Instituts berichtet über seinen Aufenthalt in Norwegen.
Vorbereitung
Die Vorbereitungen für mein Auslandssemester waren durch viele vorhandene Informationen auf den Websites der NTNU recht unproblematisch. Die Bewerbung an der Gasthochsschule klappte ohne Probleme, und auch die Kurse waren sehr frei wählbar. Ein wenig Stress kam nur auf, weil durch Corona die Anzahl der Wohnheimsplätze verringert worden sind, normalerweise sind diese für ausländisch Studierende im spring semester garantiert. Ich habe mich vorsichtshalber ein wenig auf Wohnungssuche begeben (hybel.no ist hier die erste Anlaufstelle), hatte dann jedoch Glück und eine Zusage für einen Platz in Moholt (dem größten der Studentendörfer Trondheims) erhalten.
Dadurch, dass die Semester in Norwegen etwas verschoben zu Deutschland sind hatte ich vor (und auch nach) dem Auslandssemster einige Wochen, in denen ich keine Kurse belegen konnte. Diese habe ich mit Projektarbeiten und meiner Masterarbeit gefüllt.
Unterkunft
Die Organisation Sit unterhält die meisten Studentenunterkünfte in Trondheim, und häufig sind die Chancen auf einen Platz dort sehr gut. Wie bereits erwähnt wohnte ich im Moholt Student Village in einer WG mit drei Mitbewohnern, zwei davon Norweger und ein Spanier. Mein 10 m2 Zimmer war mit Bett, Schrank, Schreibtisch und einem Stuhl möbliert (was nicht in allen Unterkünften der Fall ist), das Bad war recht geräumig und die große Küche mit guten Geräten inklusive Spülmaschine ausgestattet. Den Putzdienst haben wir in der WG wöchentlich aufgeteilt und die Küche wurde nach dem Kochen als Regel immer sauber hinterlassen. Das hat gut geklappt. Fun Fact: In Norwegen ist das Wasser so klar, dass man weder Salz noch Klarspüler für die Spülmaschine braucht (entsprechend findet man auch nichts in den Supermärkten). Da die Maschinen jedoch häufig aus Deutschland sind blinken dann die Lichter rot - das kann man einfach ignorieren.

Mitten in Moholt liegt das Restore Gebäude, hier kann man kostenlos gebrauchte Möbel und Küchenutensilien von vorherigen Bewohnern ergattern, und am Ende des Semsters auch wieder abgeben. Zudem ist in Moholt Bumerang stationiert. Dabei handelt es sich um einen ebenfalls kostenlosen Ausrüstungsverleih – super praktisch, wenn man Ski oder Schlitten fahren möchte. Falls es dort immer noch den Foto-Wettbewerb gibt kann ich sehr empfehlen, das eigene Glück damit zu versuchen! Als ich dort war haben nur wenige mitgemacht, und so konnte ich einen 500 NOK (50 Euro) Essensgutschein erlangen.
Moholt ist super an den ÖPNV angebunden, alle 10 Minuten fahren Busse in die Innenstadt und zu den Standorten der Uni. Im Sommer stehen zudem wirklich viele E-Scooter bereit, mit denen man auch schnell zur Uni kommt (und das Ganze zu ähnlichen Preisen wie in Deutschland). Sowohl der Campus Dragvoll, wo die Geisteswissenschaften untergebracht sind, als auch der Hauptcampus Gløshaugen, sind aber genauso gut in maximal 30 Minuten zu Fuß erreichbar.
Zum Einkaufen gibt es genug Auswahl in direkter Umgebung der Wohnungen, z.B. einen Laden, der asiatischen Lebensmittel anbietet und einen Supermarkt, der auch sonntags geöffnet hat. Zur Eingrenzung der Kosten gibt es eine App, in der man die aktuellen Angebote aller Supermärkte ansehen kann (tillbud!). Meine Empfehlung ist der Supermarkt Kiwi etwas unterhalb von Moholt. Zwar ist der Weg etwas länger (je nach dem, wo in Moholt man wohnt), aber die Aussicht beim Auf- bzw. Abstieg ist fantastisch. Hier habe ich mehrfach dabei zusehen können, wie ein Schneesturm auf mich zurollt.
Studium an der Gasthochschule
Für alle internationalen Studierenden gibt es eine Orientation Week. Leider war diese in meinem Fall durch Corona komplett digital. Dadurch hat man hier noch nicht wirklich andere Menschen kennenlernen können. Glücklicherweise wurden jedoch Gruppen auf etwaigen Messengern erstellt, und dort kamen sehr häufig und regelmäßig gemeinsame Aktivitäten zustande.
Das Kursangebot an der NTNU ist groß und interessant; jeder Kurs wird ausführlich auf der Website beschrieben, und bei Rückfragen antworten die meisten Ansprechpartner sehr schnell. Ich belegte drei Kurse im Department of Computer Science, einen davon musste ich zu Beginn des Semesters wechseln. Hier wurde nach der ersten Vorlesung die Unterrichtssprache von Englisch auf Norwegisch umgestellt. Auch auf Nachfragen wurde nicht mehr reagiert, sodass ich mich noch in einen anderen Kurs einschreiben musste. Das ging zum Glück problemlos und war auch die einzig negative Erfahrung. Allgemein wird in den Kursen viel auf Gruppenarbeit gesetzt und es wird versucht, alle immer mitzunehmen.
Die Klausuren sind bei mir komplett digital abgelaufen. Über ein Online-Portal loggt man sich ein und hat einen gewissen Zeitraum, um alle Aufgaben zu bearbeiten. Das hat den Vorteil, dass man weniger auswendig lernen muss, da alle Hilfsmittel (auch Suchmaschienen) erlaubt sind. Dafür sind die Aufgaben allerdings (laut Kommilliton*innen) deutlich komplexer.
Alltag und Freizeit
Trondheim ist eine nette, kleine Stadt und hat für jeden Geschmack etwas zu bieten. Obwohl sie nach deutschen Verhältnissen nicht viele Einwohner hat fühlt man sich durch die vielen Menschen in der Innenstadt und eine große Zahl an kulturellen Angeboten wie in einer Großstadt. Das liegt vermutlich daran, dass es sich um die viertgrößte Stadt Norwegens handelt.
Für Wanderungen und (Ski-)Ausflüge ins Grüne beziehungsweise in den Schnee bietet sich das Naherholungsgebiet Bymarka an. Es liegt westlich der Stadt und ist mit dem ÖPNV gut zu erreichen. Hier empfehle ich, Trondheims einzige Straßenbahn zu nutzen. Diese fährt bis an den Rand der Bymarka und bietet unterwegs einen tollen Ausblick. Im Sommer laden die Stauseen zum Schwimmen ein und im Winter kann man ohne Ende Ski fahren. Der Ausblick und die Sonnenuntergänge von den Gipfeln der Berge ist fantastisch.
Allgemein gibt es zudem sehr viele kleine Hütten in der Natur um Trondheim herum, die man für Übernachtungen reservieren kann und ein sehr breites Sportangebot, beides über NTNUI.
Auch wer kulturell interessiert ist, kommt auf seine Kosten. Im Winter muss man ein wenig schauen, da einige der Touristen-Attraktionen geschlossen sind. Es gibt aber einen sehr alten Dom, eine Festung und viele schöne Gebäude. Ich war zudem beispielsweise auf einem Jazz-Konzert und in einer Theateraufführung.
Sehr zu empfehlen ist außerdem das Fitnessstudio in Moholt und auch das Loftet: Dabei handelt es sich um einen Aufenthaltsraum, der offen ist für alle Studierende und unter anderem Tischkicker, Brettspiele, Tischtennis, Spielkonsolen, Bücher, gratis Kaffee/Tee und regelmäßige Abendveranstaltungen bietet. Hier habe ich einige Abende mit neu gewonnen Freunden und Mitbewohnern verbracht.
Der größte negative Punkt in Norwegen sind allerdings die Lebenserhaltungskosten. Alles ist wirklich sehr teuer, sodass man mit seinem Budget gut haushalten muss. Das kann von Zeit zu Zeit limitierend sein, weil man sich zum Beispiel außerhalb Essen oder gemeinsam im Pub etwas trinken nur selten leisten kann. Auch hier gibt es jedoch Angebote für Studierende – die Augen sollte man also immer offen halten.
Ansonsten kann ich noch das Geschäft Outland in der Innenstadt Trondheims sehr empfehlen. Hier gibt es Brettspiele, P&P-Regelwerke und eine sehr große Auswahl an (englischen) Fantasy/Science-Fiction Büchern. Zwar sind diese teils doppelt so teuer im Vergleich zu deutschen Büchern, aber dafür gibt es keine Buchpreisbindung. Mit Glück ergattert man also (neue!) Bücher mit bis zu 80% Rabatt. Das wäre selbst in Deutschland ein Schnäppchen!

Fazit
Das Semester in Trondheim war eine sehr bereichernde Erfahrung und ich habe viele neue Freunde sowie eine ganz andere Sicht auf Norwegen, aber auch Deutschland, gewonnen. Ich durfte Menschen aus verschiedenen Kulturen kennenlernen und konnte mein Englisch wesentlich verbessern. Zudem ist die Natur einfach atemberaubend. Ich habe Nordlichter, Wasserfälle, Elche, zugefrorene Seenplatten, Unmengen an Möwen, Märchenwälder, Sümpfe, Fjorde, Wildfüchse und Spuren vom Yeti gesehen (eventuell waren es auch Schneeschuhe).
Wenn ihr nichts gegen Schnee und Kälte und Lust darauf habt, eine in Teilen ähnliche und in Teilen sehr verschiedene Kultur zu erleben, kann ich Norwegen und auch Trondheim sehr empfehlen. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt und habe mit vielen der Menschen, die ich dort kennengelernt habe, immer noch Kontakt.